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Hundetrainerin Marion Höft

Marion Höft

Angst

Angst - der schlechteste aller Ratgeber

Viele Menschen, die sich an mich wenden, berichten dass ihr Hund so einige Probleme hat. Eines der häufig genannten Probleme ist das Gassi gehen.


Der Hund reagiert aggressiv auf andere Hunde, bellt Passanten an oder jagt alles was sich bewegt und hängt dementsprechend in der Leine. Für viele Menschen ist das Halten des Hundes in solchen Fällen ein großes Problem, und der ein oder andere Hundehalter hat bereits so manche Verletzungen durch die sog. Leinenaggression davongetragen.

Durch diese vielen unschönen Ereignisse, haben viele Menschen Angst vor dem Gassigehen. Sie haben Angst vor einem Aufeinandertreffen mit anderen Hunden, Angst vor eventuell vorbeifahrenden Radfahrern oder auch Angst vor der Unberechenbarkeit des eigenen Hundes in kritischen Situationen.


Hier werde ich gebeten, den Hund beizubringen, vernünftig an der Leine zu gehen oder sich zu benehmen, wenn Nachbars Hund den Gassiweg kreuzt.

„Ich habe Angst, dass….“ ist einer der Sätze, der eigentlich alles beinhaltet, auch die Lösung.

Grundsätzlich ist Angst ein natürliches Schutzschild, um sich in einer Gefahrensituation vorsichtig zu verhalten und umsichtig zu bleiben, um die bedrohliche Situation meistern zu können.

Häufig aber bleibt bei vielen Menschen die Angst und aus einem gewünschten entspannten Gassigang wird ein Spießrutenlauf, für Mensch und Hund.


Hunde spüren die Angst ihrer Menschen. Sie spüren, wenn der Mensch ständig die Umgebung scannt. Sie spüren, wenn der Mensch bei den kleinsten Geräuschen zusammenzuckt. Sie spüren, wenn der Mensch beim Anblick eines fremden Hundes die Hände fest in die Leine krallt.

„Ich habe Angst“ ist die Aussage, die häufig das sog. Problemverhalten des Hundes auslöst. Der Mensch wird nervös, gibt sich seinen Ängsten hin und der Hund übernimmt. Wie auch sonst soll er sich in einer Situation verhalten, wenn sein Mensch ihm eine Bedrohung signalisiert?


Bei allem, was der Mensch Problemverhalten nennt, wird meist die Sicht des Hundes übersehen. Wenn der Mensch ausfällt, vor lauter Angst nicht mehr fähig ist, seinen Hund durch brenzlige Situationen zu führen, muss der Hund dieses Manko ausgleichen. Häufig wählen die Hunde in solchen Situationen den Angriff, weil ihnen eine Flucht durch die Leine unmöglich ist. Mit Leinenaggression hat das nichts zu tun.

Natürlich kann man dem Hund „Fuß“ beibringen, aber geholfen ist dabei lediglich dem Menschen, nicht aber dem Hund. Zwingt man den Hund, eine bestimmte Position einzunehmen, verändert man zwar das äußere, sichtbare Verhalten des Hundes, nicht aber seine innere Haltung.


Stellen Sie sich bitte vor, Sie gehören zu denjenigen, die Angst vor einem Aufeinandertreffen mit anderen Hunden haben und ein Trainer befiehlt Ihnen, Sie sollen sich hinsetzen oder gar hinlegen. Können Sie so Ihre Angst ablegen? Ich denke nicht, aber den Hunden verlangen wir genau das ab.

Angst oder Unsicherheit kann man nicht abtrainieren oder wegkommandieren. Wäre dies so einfach, gäbe es kaum noch sog. Problemhunde. Ein Kommando gebrüllt und der Hund funktioniert. Ein Traum, der sich in den seltensten Fällen erfüllt.

Was aber tun? „Ich habe Angst“ sagt der Mensch und daran sollte gearbeitet werden.

Beziehungen und deren Probleme resultieren immer aus Ursache und Wirkung. Zeigt der Hund ein Problemverhalten, ist dies lediglich die Wirkung auf die Ursache.


Wenn der Mensch die Ursache des Problems ist, kann man diese nicht dem Hund abtrainieren. Die Wirklichkeit bestätigt dies uns immer wieder. Die Hunde durchlaufen so manche Methoden oder Systeme, um dann doch wieder in das alte, aus Sicht des Menschen, Problemverhalten zurückzufallen, denn die Ursache wurde nie geklärt.

Wer ständig in Angst lebt, sei es eine reale Angst oder eine fiktive, verliert seine Lebensqualität. Angst vernebelt nicht nur die Sicht auf die vielen schöne Dinge des Lebens, sie macht auch langfristig krank.

Seine Angst ablegen zu können, kann manchmal ein langer und auch schmerzhafter Weg sein. Doch mit einem Hund an seiner Seite, hat man einen wirklich guten und vor allem auch ehrlichen Therapeuten an seiner Seite.

Hunde reichen uns ihre helfende Pfote und es ist an uns, diese anzunehmen. Nicht alles, was uns Probleme bereitet, ist ein Problemverhalten des Hundes. Hunde teilen uns mit, wenn wir aus dem inneren Lot geraten sind und helfen uns, wieder bei uns ankommen zu können.


Dazu aber sollten wir unseren Blickwinkel auf Hunde ändern und sie nicht als Befehlsempfänger sehen, der stets funktionieren muss, wie wir es gerne hätten.

Hunde können uns helfen, so manche Unsicherheit und auch Ängste ablegen zu können, wenn wir bereit sind, die wahre Ursache zu benennen und uns dieser zu stellen.

„Ich habe Angst“ und daher kann auch nur ich die Lösung sein. Wer die Ursache für seine Ängste bei anderen sucht, diese für seine Ängste verantwortlich macht und in Zukunft stets kritische Situationen meidet, wird in seiner Angst gefangen bleiben. Dies gilt auch, wenn man von Anderen verlangt, auf Rücksicht auf seine eigenen Ängste, seine Gewohnheiten abzulegen oder gar sein Leben umzugestalten.


Viele Menschen scheuen häufig den Weg aus der Angst und vergessen dabei, was das Leben wirklich ausmacht – Lebensfreude, die jeder nur in sich selber finden kann.


Erst wenn es den Menschen gut geht, kann er dieses an andere weitergeben, auch an unsere Hunde!

Angst ist eine Entscheidung, Glück aber auch! Legen wir die Maske der Angst ab und lernen wir wieder zu leben, Rücksicht aufeinander zu nehmen und mit schwierigen Situationen umgehen zu können. Ohne Druck, ohne Zwang und ohne Angst! Unsere Hunde werden es uns danken, indem sie uns freiwillig und gerne folgen.


Mutter Natur hat uns, genau wie unseren Hunden, einen natürlichen Mechanismus mitgegeben, der uns gut durch unser Leben leiten kann, es sind unsere Instinkte, wir nennen es Bauchgefühl. Lernen wir wieder auf diese zu achten und ihnen zu folgen, wird so manche Angst keine Chance mehr haben, sich in unserem Gedächtnis breit zu machen und uns unserer Lebensfreude zu berauben.


Von Hunden lernen, heißt Leben (wieder) lernen!

Erst wenn der Mensch sich ändert, ändert sich nicht nur sein Hund, sondern auch manchmal seine ganze Welt!


©Marion Höft

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