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Das gesunde Ich

(Seminar am 10.07.2022)

Unser gesundes Ich verlieren wir meist schon in der Kindheit. Voller Entdeckungsdrang und Erkundungslust werden uns schnell enge Grenzen gesetzt, zuerst von Eltern und etwas später von der Gesellschaft. Sätze wie „das tut man nicht, „das gehört sich nicht“ oder „was sollen die Anderen denken“ werden unser ständiger Begleiter.

Die Anforderung der Eltern an ihre Kinder sind meist sehr hoch, soll doch aus dem Nachwuchs etwas Besseres werden. Anstatt die Welt auf eigene Art und Weise erkunden zu können, bekommen die Kinder das, was man heute frühkindliche Erziehung nennt. Sprachenschule, sportlicher Drill und Disziplin in Vereinen und natürlich muss man sich als Kind stets der vorgegebenen Norm anpassen. Später erzählen Lehrer oder Pädagogen wie sie in dieser Welt zu funktionieren haben. Für Individualität ist weder Raum noch Zeit. Rebelliert das Kind, nennt man es schnell „verhaltensauffällig“.

So lernt man als Kind so einiges kennen, nur nicht sich selbst.


Es verwundert daher nicht, dass viele Menschen ihr Leben lang auf der Suche sind. Sie suchen das große Glück, ohne genau zu wissen, was es denn wirklich sein soll. Dies haben sie in der „Schule der Gesellschaft“ nie gelernt.


Viele Menschen konzentrieren sich bei ihrer Suche auf Oberflächlichkeiten und materiellen Dingen. Die mediale Werbung sagt uns tagein tagaus, was wir brauchen und was und glücklich macht. Sie zeigen uns strahlende Menschen in ihrem schicken großen Haus oder überglückliche Menschen, mit ihrem neuesten Smartphone in der Hand. Sie präsentieren uns glückliche Urlauber oder eine ausgelassene Partymeute.

Natürlich gehört zu dem perfekten Glück auch der perfekte Partner. In Fernsehserien oder Spielfilmen bekommen wir die perfekte Familie präsentiert und vorgelebt. Es wird uns suggeriert, wie einfach es doch ist, einen Menschen zu finden, der uns glücklich macht. Die Erwartungen, die dadurch geschürt werden, sind hoch und für viele viel zu hoch. Es überrascht nicht, dass immer mehr Beziehungen in Brüche gehen und immer mehr Menschen sich irgendwann enttäuscht vom Leben zurückziehen. Sie sind an den Erwartungen der anderen gescheitert.


Besonders die Lockdowns haben viele Menschen einsam und verzweifelt zurückgelassen. Die wichtigen sozialen Kontakte zu Freunden und sogar der Familie waren verboten und selbst die Berufsausübung wurde unter Strafe gestellt. Vor kurzen konnten wir die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf unsere Kinder und Jugendlichen in den Medien lesen. Sie haben schwere psychische Schäden davongetragen und viele werden ein Leben lang darunter leiden. Sie haben ihr gesundes Ich verloren.


Nicht nur die Lockdowns sondern auch die Angst haben viele Menschen einsam gemacht. Angst vor Strafe, Angst vor Krankheit und sogar Angst vor den Menschen, mit denen man noch bis vor kurzem gerne zusammen war.


Von den Menschen oder vom Leben allgemein enttäuscht, suchen viele Menschen Halt bei den Hunden. Ein Hund soll sie glücklich machen und viele Beschreibungen von Tierschutzvereinen oder Ratgebern versprechen dies auch. Dem Hund einige Kommandos beizubringen, macht beiden viel Freude und schweißt sie für ein ganzes Leben zusammen. So zumindest die Versprechungen.

Die Realität ist meist eine andere und Hund und Mensch verzweifeln aneinander. Hunde sind der Spiegel ihrer Menschen und so manche Menschen kommen mit diesem Spiegelbild nicht zurecht. Anstatt sich der Herausforderung zu stellen, geben viele Menschen auf und trennen sich von ihrem einst geliebten besten Freund. Die Wahrheit würde schmerzen.


Für alle Lebenslagen gibt es mittlerweile Ratgeber mit den immer neuesten Erkenntnissen und einer nach dem anderen wird verschlungen, doch die Unzufriedenheit will nicht weichen. Denn die wahre Ursache lässt sich dort meist nicht finden. Viele Menschen sind auf der Suche nach sich selbst.

Wenn man sich aber auf das Abenteuer Hund einlässt, sich für ihn öffnet und annimmt, was er uns zu sagen hat, beginnt die Reise zu dem einst verlorenen gesundem Ich.


Wir können von Hunden sehr viel lernen, vor allem über uns selbst. Dazu braucht es lediglich etwas Mut, um wieder seinen angeborenen Instinkten zu folgen, die trotz aller Ratgeber unser bester Lotse auch durch stürmische Zeiten sind.


Hunde lehren uns, dass es zu dem großen Glück keine materiellen Dinge braucht. Sie lehren uns, dass wir unser Glück nur in uns finden können. Erst wenn es uns gut geht, können wir es an andere weitergeben, egal ob Mensch oder Hund. Und nein, das ist kein böser Egoismus, das ist unsere Verantwortung für uns selbst, die wir an niemanden delegieren können.


©Marion Höft

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