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Herdenschutzhunde - viel wird geschrieben und diskutiert


Hundetrainerin Marion Höft: Herdenschutzhunde
Hundetrainerin Marion Höft: Herdenschutzhunde

Gehören sie nach Deutschland?

Die Meinungen gehen weit auseinander, von ja bis nein ist alles dabei.


Wie müssen sie gehalten werden?

Von „eine Wohnung ist ausreichend“ bis zur Festlegung einer Quadratmeteranzahl der benötigten Fläche, will jeder etwas anderes wissen.


Welche Ernährung ist die richtige?

Mehr eiweißhaltige Kost oder doch weniger? Jeder meint etwas, aber kaum jemand weiß etwas genaues.


Wie lastet man diese Hunde am besten aus?

Am Fahrrad laufen oder doch besser Agility? Dieses Thema erhitzt schnell die Gemüter der „Experten“.


Die Diskussion, ob Herdenschutzuhunde nach Deutschland gehören, ist ebenso müßig wie die Frage, ob sie in Privathände gehören. Fakt ist, sie sind da und es kommen immer mehr. Fakt ist aber auch, dass viele Menschen mit diesen als eigensinnig bezeichneten Hunden überfordert sind und an ihre Grenzen kommen. Die Tierheime füllen sich mit den einst liebevoll genannten „Herdis“ und immer häufiger werden sie als aggressiv eingestuft.


Herdenschutzhunde sind sicher keine Hunde für Jedermann oder Jederfrau. Es sind noch sehr ursprüngliche Hunde. Gezüchtet in fernen Ländern, um sich den dortigen Gegebenheiten anpassen zu können. Sei es nun der Kangal in der Türkei oder der  sog. Maremmano in Italien. Mittlerweile wird auch hierzulande vermehrt und gezüchtet, leider auch zunehmend verantwortungslos.


Kaum ein Hirte, in welchem Land auch immer, hat sich Gedanken darüber gemacht, wie er seinen Herdenschutzhund artgerecht auslasten kann, ob der Hund während der meist arbeitsfreien Winterzeit im Stall eine Depression bekommt oder welche Futtersorte er kaufen muss. Zum Studieren von unzähligen Erziehungsratgebern haben die meist armen Bauern weder Zeit noch Geld. Sie verlassen sich auf ihre Urinstinkte und auf das Wissen, das ihnen ihre Vorfahren weitergegeben haben. Es sind die Lehren des wahren Lebens.


Hunde sind die besten Lehrmeister, nicht nur wenn es um den Hund geht. Beobachtet man Herdenschutzhunde bei ihrer eigentlichen Arbeit kann man sehr schnell feststellen, was für sie „Auslastung“ bedeutet. Wachen, Schützen und im Ernstfall auch verteidigen.

Um in den Herden arbeiten zu können, braucht es ruhige und ausgeglichene Hunde. Man stelle sich nur überdrehte Herdenschutzhunde in einer Herde vor. Die Schafe oder Ziegen würden keine Ruhe mehr finden und es würde Chaos ausbrechen.


Über die Ernährung dieser Hunde machen sich die Hirten kaum Gedanken. Wie für die Menschen auch, gibt es das was gerade verfügbar ist. Herdenschutzhunde sind sehr robuste Hunde, die auch das wenige was da ist, optimal verwerten können. Sind sie mit allem versorgt was sie brauchen, reicht es Ihnen auch für einige Tage. Ihr Organismus kann sich perfekt auch auf Widrigkeiten einstellen. Aus diesem Grund entspricht es ihrer Veranlagung, ihre Energien gut einzuteilen und sie nur zu verbrauchen, wenn es aus ihrer Sicht notwendig ist.


In unserer modernen, auf Leistung gedrillten, Gesellschaft haben es auch Herdenschutzhunde schwer. Sie werden am Fahrrad ausgelastet oder sollen mit Kommandos in den Grundgehorsam gebracht werden. Dass sie dabei häufig nicht aufs erste oder zweite Wort hören, passt nicht ins Trainingsprogramm. Auch nicht, wenn sie sich umdrehen und ihr Ding weitermachen. Schnell bekommen sie den Stempel „nicht erziehbar“.


Herdenschutzhunde brauchen eine Aufgabe, ganz klar. Bekommen sie sie nicht, nehmen sie sich diese. Sie wachen und schützen. Bei uns bedeutet das häufig, dass sie es als ihre Aufgabe ansehen, die Wohnung oder das Haus mit allem was darin lebt, zu schützen. Eine der häufigsten Abgabegründe ist, dass Besucher das Herdenschutzhundgebiet nicht mehr betreten können.


Was brauchen sie denn nun?

Aufgrund ihrer Ursprünglichkeit brauchen sie ein Gelände, auf dem sie ihrer Veranlagung nachgehen können. Es sind Naturburschen und da gehören sie auch hin. Natürlich kann man sie auch in einer Wohnung halten. Dann aber sollte man darauf achten, dass man mit viel Zeit mit den Hunden in der Natur verbringen kann. Betrachten wir die imposante Erscheinung dieser Hunde stellen wir schnell fest, dass sie für übermäßige sportliche Aktivitäten viel zu groß und zu schwer sind. Herdenschutzhunde sind gemächliche Tiere, die mit unserer Hektik nichts am Hut haben. Ausnahme ist wenn Gefahr droht. Dann setzen sie all ihre Energie ein, um den Angreifer zu vertreiben. Heftig aber kurz.


Meine Empfehlung:

Lassen Sie sich durch die vielen verschieden Meinungen und Vermutungen in der Onlinewelt nicht verunsichern und schalten sie auch mal ab. Wer mit Lebewesen zu tun hat muss wissen, dass es keine Methoden oder Tipps geben kann, die für Alle gleichermaßen gelten. Jeder ist individuell und manche auch speziell, Mensch wie Hund.


Aktivieren Sie wieder ihren gesunden Menschenverstand und achten Sie auf Ihren „Bauch“. Beobachten Sie was ist und nicht, was andere meinen was sein könnte.


Stellen Sie Regeln auf, an denen sich die Hunde orientieren können uns setzen Sie Grenzen. Seien Sie klar und eindeutig in Ihrer Kommunikation, körperlich präsent und handeln Sie, aus Hundesicht, logisch.


Vor allem aber: lernen Sie die Sprache der Hunde!


©️Marion Höft

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