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Mensch und Hund: so nah und doch so fern



Hundetrainerin Marion Hoeft und ihre Hunde
Hundetrainerin Marion Hoeft: Mensch und Hund: so nah und doch so fern


Das Allheilmittel für seine Zukunft sucht der Mensch in der Digitalisierung, man könnte es auch Entmündigung der Menschheit nennen.

Einen Großteil unseres Lebens beeinflusst bereits heute die Digitalisierung. Wir Menschen sind immer online, immer in Verbindung und immer überwacht. Ist Big Brother doch um unsere Sicherheit und unser Wohlergehen besorgt.


Fast könnte man meinen, dass den Menschen das Handy fest in die Hände getackert wurde. Ob im Restaurant, in der Bahn, zu Fuß und selbst im Auto sehen wir Menschen, die ohne diesen digitalen Begleiter nicht mehr leben können. Den Followern werden im Sekundentakt immer aufregendere Fotos präsentiert, die Liker unterhält man in Echtzeit mittels Livevideo. Dieser feste Blick in die andere Welt kostet so manchem das Leben, bekommt man die Realität und den nahenden Abgrund nicht mehr mit.


Selber denken wird den Menschen kontinuierlich abgewöhnt, liefert doch Google Antworten auf alle wichtigen Fragen des Lebens: welche Features wird das nächste iPhone haben, welche spektakulären News gibt es von den Royals, was macht Taylor Swift oder welche Hundeerziehungsmethode ist gerade en Vogue? Nein, Menschen antworten schon lange nicht mehr. Ein künstiliche Intelligenz soll uns nun all das liefern, was wir noch wissen sollen dürfen. Die Menschen fragen, eine Software spuckt die programmierten Antworten aus. Selber denken und lenken war einmal. Ach wie herrlich einfach doch das Leben gemacht wird. Nur keine Entscheidungen mehr selber treffen und auch keine Verantwortung mehr übernehmen. Experten, und bald wird es heißen KI, haben gesagt und dann ist das auch so. Wer fragt und hinterfragt wird sich schnell in einem Shitstorm widerfinden, der mittlerweile selbst so manche Existenz rücksichtslos zerstört.


Was haben wir uns vor einigen Jahren über die Schnelligkeit der Mobilfunkgeneration 3g gefreut und haben viele Jahre gut und gerne damit gelebt. Nun wird nach 5g gerufen sonst drohe diesem Land der wirtschaftliche Abschwung, so der Tenor der herrschenden Lobby. Das Spiel mit den menschlichen Emotionen hat schon immer gut funktioniert und so schreien alle mit.


5g soll in Zukunft unsere Autos steuern und uns nun auch von der Last des selber Fahrens befreien. Die Digitalisierung denkt und lenkt uns und unser Leben. Noch weiter geträumt, sollen uns Flugtaxis durch diese Welt fliegen, über Satelliten gesteuert und online überwacht, natülich wegen unserer Sicherheit.


Knöpfe drücken ist dem modernen Menschen mittlerweile zu aufwendig und die Sprachsteuerung soll unser Leben bereichern. Hey Siri, wie wird das Wetter, wann öffnet McDonalds oder spiel mir das Lied vom unendlichen Leben. Die Antwort des digitalen Partners ist nicht selten: ich habe dich nicht verstanden! Immer mitgehört und abgespeichert auf fernen Servern.


Mehr Wissen ist noch mehr Macht für die Mächtigen.


Unsere Hunde haben wir bereits lange vor der Digitalisierung mittels Sprachsteuerung gelenkt. Sitz, Platz, Bleib! und die Fehlermeldung kam prompt: „Mensch ich habe dich nicht verstanden!" So führt der Hund manchmal seine Sprachbefehle zuverlässig aus, manchmal aber auch nicht. Spätestens beim Gassi, wenn ein anderer Hund naht oder ein Hase den Wanderweg kreuzt, versagt die Sprachsteuerung vollends. „Hier! Kommst du hierher! Verdammt du Köter komm sofort zurück"! befiehlt der Mensch. "Mensch ich habe dich nicht verstanden und bin dann mal offline", antwortet der Hund.


Viele Menschen sind bereits heute mit dem digitalen Leben überfordert und finden sich kaum noch zurecht. Überholt von der Zukunft bleiben immer mehr Menschen auf der Strecke und die psychischen Erkrankungen häufen sich. Allein gelassen in dieser fremden Welt flüchten sich Viele in eine Welt voller Gewalt, Drogen oder Alkohol. Der digitalisierte Mensch nennt sie verhaltensauffällig und bezeichnet sie als Versager.


Auch viele Hunde kommen in dieser neuen Welt mit den digitalen Menschen nicht mehr zurecht. Sie sehen Menschen, die den Blick fest auf ein grelles Display gerichtet haben und nicht in der Realität anwesend sind. Sie sehen Menschen, die zu Bildschirmen sprechen oder mit Knöpfen im Ohr mit dem Kopf wackeln und fernab jeglicher Wahrnehmung sind.

Sie sehen Menschen, deren einziger Kontakt häufig ein kaltes Gerät ist und die jegliche Sozialkompetenz verloren haben.


Viele Hunde reagieren auf die in ihrem inneren immer kälter werdende Menschheit ebenso durch Verhaltensauffälligkeiten, man nennt sie unerzogen oder aggressiv, und schickt sie ins Training. Sitz! Platz! Bleib! soll unsere überforderten Hunde heilen.


Hunde leben im Jetzt und Hier und sind so einfach strukturiert wie eh und je. Sie kennen kein Internet, kein Alexa, keine Digitalisierung und kommen sogar bestens ohne KI in ihrer Welt zurecht. Ihre Kommunikation ist klar und eindeutig, ohne Sprachsteuerung und ohne vorher das Internet zu bemühen. Sie reagieren sofort und instinktiv. So reicht in der hündischen Kommunikation meist schon ein Blick und der andere versteht, was Sache ist.

Hunde wissen noch was wirklich wichtig ist und leben danach. Sie leben in einer Welt, die so wenig braucht und dennoch von den Menschen verkompliziert wird. So finden sich immer neue Methoden und Systeme, die unsere Hunde funktionieren lassen sollen. Ganz einfach und ohne selber denken zu müssen - mit einem Klick(er) wird alles gut. 


Wir Menschen haben uns von Servern und Computern abhängig gemacht oder eher abhängig machen lassen und nehmen unsere Umwelt kaum noch in Echtzeit wahr. Dass die Menschen zunehmend vereinsamen und krank werden, wie eine kürzlich erschienen Langzeitstudie bestätigt, überrascht nun nicht mehr. Virtuelle Freunde, immer in Verbindung mit irgendwelchen sozialen Apps, die alles andere als sozial sind, lassen die Menschen in ihrem Inneren erkalten. Es fehlen persönliche Kontakte, gemeinsames Lachen und auch Weinen, Berührungen und auch mal Streit. Es ist erwiesen, dass für die Menschen persönliche Kontakte essentiell sind, um überleben zu können. Ohne die persönlichen Kontakte kann kein Mensch überleben. Darüber sollte man mal nachdenken, bevor man das Handy in die Hand nimmt, um überhaupt noch irgendetwas von der Außenwelt mitzubekommen.


Mensch und Hund leben in einer Familie aber häufig in zwei Welten und hier finden wir die Ursache vieler Probleme. Den richtigen Umgang mit unseren Hunden erkennen wir, wenn wir offline gehen und unsere Hunde beobachten. Sie sind die wahren Lehrmeister, auch in Bezug auf uns. Sie können uns lehren, dass es vieles gar nicht braucht und der Mensch selber denken und entscheiden kann. Den wahren Hund erleben wir in der Realität, im Internet sehen wir nur den Hund den wir sehen sollen.


Hunde lehren uns, dass ein gesunder Menschenverstand durch nichts zu ersetzen ist - schon gar nicht durch eine s.g. künstliche Intelligenz oder VR. Auch wenn wir immer höher, schneller, weiter wollen werden wir doch an unsere Grenzen kommen, so oder so. Vielleicht wäre bereits heute schon weniger sehr viel mehr. Vielleicht aber muss erst auch noch der letzte Baum durch ein Windrad erstetzt werden damit die Menschen begreifen, in welche kahle und kalte Welt sie getrieben werden und vor allem, sie sich treiben lassen.


Mag sein dass ich altmodisch, eine Spielverderberin oder gar eine "Fortschrittleugnerin" bin, aber ich habe sie noch kennenlernen dürfen: die Einfachheit des Seins und eine Realität, aus der man nicht entfliehen musste.


Von Hunden lernen heißt wieder Leben lernen! Es ist schöner als es häufig online dargestellt wird. Doch mittlerweile erfordert es für viele Menschen Mut, um ihrer Einsamkeit entfliehen zu können und den Weg wieder hinaus in das wahre Leben zu finden. Viele sind auch in eine Onlinesucht geraten, deren Entkommen nicht ganz einfach ist, aber der Entzug dennoch lohnt.


Keine Maschine, kein Gerät und kein künstliches Irgendwas kann Familie, Freunde und das echte Leben ersetzen. Nehmen wir unsere Hunde an die Leine, schalten all die Manipulationsgeräte ab und gehen wir wieder hinaus, dort wo wir Menschen hingehören und wo wir uns begegnen können: in der realen Welt wo auch unsere Hunde zu finden sind und werden wir wieder das, was wir einmal waren und was und so weit hat kommen lassen: Menschen mit Herz, Geist und Seele!



©️Marion Höft

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