Was hat der Mensch sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht alles einfallen lassen, damit sein angeblich bester Freund glücklich und zufrieden ist?
Hundeschulen, Hundetrainer, Hundesport, Hundespielzeug, Hundebetten, Hundefutter, Hundeparks, Hundepensionen, Hundeklamotten und nicht zu vergessen unzählige Hundesportarten. Hinzu kommen noch diverse Hundeausbildungen wie Schutzhunde, Drogenspürhunde, Rettungshunde, Therapiehunde, Begleithunde, Schulhunde und und und.
Habe ich etwas vergessen? Egal, denn diese Aufzählung ist bereits viel zu lang. Nicht zu vergessen das mittlerweile nicht enden wollende Angebot von Sachbüchern, Fernsehsendungen, Onlinevideos und kurze Filmchen auf diversen Plattformen, die vermeintlich perfekte Hunde von perfekten Experten, wie man heutzutage alle die Besserwisser und Volkserzieher nennt, zeigen sollen. Inwieweit es dabei mehr um Selbstdarstellung als um das Wohl der Hunde geht, lasse ich mal dahingestellt.
Natürlich, wir alle wollen nur das Beste für unsere Hunde. Doch anstatt auf unsere Instinkte und auf unsren gesunden Menschenverstand, den wir alle mit auf unseren Weg bekommen haben, zu vertrauen, lassen wir uns verunsichern und durch eine geschäftstüchtige Industrie manipulieren.
Verunsichert von der Industrie, die nicht müde wird, immer neue Unsinnigkeiten zu erfinden und uns anschließend einredet, dass dies alles zur artgerechten Haltung eines Hundes unbedingt erforderlich ist. Wer das nicht glauben mag, dem wird mittels Dauerwerbung suggeriert, dass die Benutzung von bunten Plastikspielzeug die Bindung fördert und die Beziehung stärkt. Wer sich diesen Behauptungen immer noch verweigert, dem werden sogleich die passenden Experten und Influenzer, die natürlich für umsonst ihre Dienste leisten, präsentiert.
Wenn sich dann immer noch Menschen dieser Dauberieselung widersetzen, wird mit der Angst gespielt. Durch Angst kann man Menschen zu Dingen bewegen, die sie bei klarem Verstand niemals tun würden. Wer will schon sich, seinen Liebsten oder seinem Hund etwas Schlechtes? Und so kaufen und verirren sich die Menschen in einer Welt, die von Konsum, Gewinnen, Äußerlichkeiten und Oberflächlichkeiten geprägt ist und die Massen von ihrer inneren Haltung und eigenen Erfahrungen entfremdet hat.
Unsere Hunde brauchen keine Bestätigung durch käufliche und meist völlig sinnbefreite Dinge. Unseren Hunden ist es vollkommen egal, welche Farbe oder Form dieses Zeugs hat. Sie wurden einzig und allein erschaffen, um unsere Gefühle zu bedienen, um an den Inhalt unseres Geldbeutels zu gelangen.
Weniger verkaufsfördernd wären da die Umstände, dass dieses Plastikzeug ohne Rückstandkontrolle auf Schadstoffe mitunter hochgiftig ist und für unsere Hunde eine nicht zu unterschätzende Gesundheitsgefährdung darstellt. Der Kontakt mit diesem sog. Spielzeug findet logischerweise mit dem Maul und dadurch mit den Schleimhäuten statt, gerne wird auch mal ein Spielzeug zerbissen und Teile davon verschluckt. Auf hündisch bedeutet dies, dass die Beute getötet und gefressen wird. Aber auch das wird mal lieber nicht erwähnt, es könnte doch den ein oder anderen Käufer abschrecken.
Wer, außer den Produzenten behauptet, dass Plastikspielzeug für einen Hund artgerecht sein soll? In der Hundewelt gibt es kein Spielzeug und sie brauchen es auch nicht. Weder ist ihnen langweilig noch müssen sie krampfhaft beschäftigt werden mit Dingen, die von Menschen künstlich erschaffen wurden.
Für Hunde ist das, was wir Spielzeug nennen, ausschließlich Beute. Sie denken, ihr Hund spielt so gerne? Nein! Alles was sich bewegt wird gehetzt, gejagt und am Ende getötet. So einfach ist das in der Welt unserer heißgeliebten Hunde.
Damit kommen wir zu einem weiteren Problem des vom Menschen erfunden Spielens. Macht stundenlanges Hetzen und Jagen unseren Hunden wirklich Spaß, haben sie immer noch eine Riesenfreude, wenn ihnen die Zunge aus dem Hals hängt und die Augen rausquellen? Nein, wir bürden den Hunden mit diesem vom Menschen erfunden Spiel enormen Stress auf, den Hunde sich freiwillig niemals antun würden.
Ja, Hunde jagen. Die Jagd dient jedoch in der Hundewelt ausschlie0lich der Nahrungsbeschaffung und sichert ihnen somit ihr Überleben. Kein Hund geht auf die Jagd, weil er gerade aufgrund von Langeweile oder Unterbeschäftigung einen Adrenalinschub benötigt.
Hier redet sich der Mensch etwas ein, was nicht der Hund, sondern der Mensch frei erfunden hat, um seinen eigenen Spaß zu haben.
Ist der Mensch dann müde vom ausgelassenen Wurf- und Jagdspiel mit dem Hund, erholt sich der Mensch auf der Couch, der Hund aber muss noch Kopfarbeit leisten, damit er auch richtig müde wird. Also geht es weiter. Bevor es Futter gibt, muss der Hund sich dieses auch erst wieder verdienen, indem er seinem Menschen bedingungslosen Gehorsam zeigt, manche nennen es auch Unterwürfigkeit.
So gibt es Futter erst nachdem die Kommandos Sitz! Platz! Bleib! gebrüllt wurden und vom Hund ohne zu zögern befolgt wurden. So wurde es den Menschen seit vielen Jahren eingeredet und so wird es umgesetzt. Hinterfragt wird dies von den Wenigsten. Die Experten haben es so gesagt und so wird es gemacht.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass es die eine Erziehungsmethode oder das eine Trainingssystem nicht gibt und auch nicht geben kann. Jeder Hund ist anders und auch jeder Mensch. Dieser Hinweis aber fehlt in den meisten als das Erfolgsrezept verkaufte Hundeglück.
Die Liebe zu unseren Hunden muss sich natürlich beim Futter widerspiegeln, allerbestes und teils auch exotisches Futter muss es sein. So zumindest steht es auf vielen Verpackungen. Diese spielt mit unseren Gefühlen und soll uns suggerieren, dass der Inhalt dem Hund schmeckt und ihn natürlich auch gesund erhält.
Stehen dann noch auf den Verpackungen Schlagworte wie artgerecht, gesund, nahrhaft, schmackhaft oder natürlich, greifen die Menschen gerne zu. Verspricht es doch sorgloses Füttern und Wohlbefinden bis ins hohe Hundealter. So beglückt machen sich die Wenigsten die Mühe, das Kleingedruckte zu lesen und sich über die genauen Inhaltsstoffe zu informieren.
Die Industrie missbraucht unser Vertrauen und bedient sich unserer Gefühle, die wir für unsere Hunde haben. Vieles, was harmonisch angepriesen und dem Futter beigemengt wird, können unsere Hunde gar nicht verstoffwechseln und verwerten. Wer dies nicht glauben, mag achte bitte auf die Mengen, die hinten wieder rauskommen: riesige übel stinkende Haufe, über die selbst die Hunde die Nase rümpfen. Man mag es kaum glauben, aber unsere Hunde sind heute trotz oder gerade wegen dem Futterangebot mangelernährt, viele Menschen übrigens auch.
Ernährungsberater für Hunde? Ja die gibt es mittlerweile und sie haben alle Hände voll zu tun. Sie berichten, dass bei unseren Hunden gehäuft Krankheiten auftreten, die in der Humanmedizin aufgrund von Fehlernährung längstens bekannt sind: Diabetes, Herz- Kreislauferkrankungen, Gelenkbeschwerden und Arthrosen, Allergien und Hauterkrankungen, um hier nur einige zu nennen. Die Liste wäre endlos lang fortzusetzen.
Für diese, meist ernährungsbedingten Krankheiten und körperlichen Leiden, ist anschließend dem Erfindungsreichtum der Pharmaindustrie und so einigen geschäftstüchtigen Tierärzten keine Grenzen gesetzt. Wie in der Humanmedizin wird die Liste der Erkrankungen einfach erweitert. Ihr Hund spielt nicht gerne? Er leidet an einer Depression und die entsprechenden Medikamente werden verabreicht.
Leider ist es heute durchaus üblich, auch Hunden Psychopharmaka zu verabreichen, wenn sie nicht das Verhalten zeigen, was als normal bezeichnet wird, oder wenn er seinen Menschen zu ruhig ist. Wer sich ernsthaft mit solchen Präparaten auseinandersetzt und auch das Kleingedruckte liest, würde seinem Hund niemals solche Pillen verabreichen, auch nicht an Silvester. Neueste Studien aus der Humanmedizin warnen mittlerweile vor der Einnahme dieser Medikamente, deren ganze Bandbreite von Nebenwirkungen wohl noch immer nicht abzusehen scheint.
Natürlich wollen wir alle nur das Beste für unsere geliebtes Familienmitglied. Glücklich, fröhlich und gutmütig soll er sein und der Norm von Experten entsprechen, die den perfekten Hund in ein Raster gepackt haben. Und so hecheln viele Menschen diesen vermeintlichen Normen hinterher und bürden dies auch ihren Hunden auf. Sie vergeuden ihre wertvolle gemeinsame Zeit mit diesen wunderbaren Geschöpfen, um sie zu etwas zu erniedrigen, was sie nicht sind, blinde Befehlsempfänger für ihre Menschen, ohne eigene Bedürfnisse und ohne eigenen Charakter. Denn dies haben die Experten nicht vorgesehen.
Was läuft denn nur verkehrt in der Menschenwelt, warum brauchen wir Hunde, um Bestätigung zu finden, ums uns von anderen abzuheben, um Lücken in unserem Leben zu füllen? Können wir Hunde nicht einfach nur Hunde sein lassen? Ihnen mittels Regeln und Grenzen einen Handlungsrahmen an die Pfoten zu geben und so mit Rücksicht auf ihre natürlichen Bedürfnisse im Einklang mit ihrer Natur leben?
Wir bürden unseren Hunden mittlerweile ein Leben auf, das weder artgerecht noch gesund für unsere angeblich besten Freunde ist. Geht es nicht eher darum, seiner Einsamkeit zu entliehen? Seinen Nachbarn zu zeigen welch toller Kerl man ist, weil der Hund auf Kommando funktioniert? Flüchtet man sich nicht in eine Traumwelt, weil man selbst nicht mehr in dieser hektischen und von zunehmender Feindseligkeit geprägten Menschenwelt nicht mehr zurechtkommt?
Um es mit Martin Luthers Worten zu sagen:
Ich habe einen Traum! Den Traum, dass der Mensch wieder zurück zur Natur und zur Natürlichkeit findet und sich und somit auch seine Hunde wieder entschleunigt.
Höher, schneller, weiter haben uns und unsere Hunde in Kliniken und Psychiatrien gebracht und unsere Kinder vereinsamt. Es ist höchste Zeit, sich wieder auf seine natürlichen und vor allem schützenden Instinkte zu verlassen und wieder seinem Gott gegebenen gesunden Menschenverstand zu vertrauen.
Unseren Hunden müssen wir dies nicht lernen, sie bringen diese wundervolle Gabe bereits mit. Wir haben nur unser gemeinsames Leben damit vergeudet, dies unseren Hunden abzutrainieren und abzuerziehen. Wir haben all unsere Energie dafür verwendet, aus unseren Hunden perfekt funktionierende Marionetten zu machen, Sportkanonen heranzuziehen und ihnen all ihre natürlichen Verhaltensweisen abzuerziehen. Warum nur muss es dann ausgerechnet ein Hund sein?
Wer sich selber keine Ruhephasen gönnen mag oder kann, soll dies tun. Jeder ist am Ende für selbst verantwortlich. Dem Hund jedoch seine Ruhezeiten abzuerkennen, bedeutet Krankheiten und in vielen Fällen viel Leid in Kauf zu nehmen. Hunde brauchen in erster Linie viel Ruhe, viel mehr Ruhe und sehr viel mehr Ruhe, als sich das viele Menschen vorstellen können.
Bis zu 18 Stunden, manche Rassen sogar bis zu 22 Stunden, Ruhephasen entsprechen dem natürlichen Ruhebedürfnis unserer Hunde. Und keine Sorge, der Großteil dieser Zeit wird mit Beobachten und Wachen verbracht. Der Hund ist also aktiv. Allerdings nicht wie viele Menschen es gerne hätten, sondern so, wie Mutter Natur es für unsere Hunde vorgesehen hat. Das ist artgerecht!
Und wenn wir ehrlich mit uns selber sind, lehren uns unsere Hunde auf unseren Körper und seine Signale zu achten und erste Erschöpfungssymptome ernst zu nehmen und sich eine Auszeit zu gönnen.
Wenn wir uns aus dem von außen auferlegtem Korsett des Konsumenten befreien und uns wieder auf das wirklich wichtige im Leben konzentrieren, können wir der Welt unsere Hunde ein großes Stück näherkommen und sie annehmen, wie sie sind: Vollkommen aber nicht perfekt. So wie wir auch!
Weniger kann so viel mehr sein und das meiste von dem, was wir so alles kaufen und kaufen sollen, brauchen wir doch gar nicht. Es raubt uns unser Geld, unsere Energie, unsere Lebenszeit und füllt die Taschen derjenigen, die uns auf eine völlig falsche Fährte locken.
Vielleicht sind wir an einem Punkt angekommen, wo wir von unseren Hunden lernen können, wie man Nein sagt und auch Grenzen vor so mancher Übergriffigkeit setzt, die uns und unseren Liebsten nicht gut tut und uns in eine Welt locken will, die mit Natürlichkeit und Menschlichkeit kaum noch etwas zu tun hat und uns von unseren Hunden, unserer Natur und unser Menschsein immer weiter entfernt.
Denn hier finden wir die wahre Ursache, warum unsere Hunde "problematisch" werden. Sie erkennen ihre Menschen kaum noch, die in einer Welt gefangen sind, die kaum noch etwas mit der Welt der Hunde gemeinsam hat.
©Marion Höft